Ein Rückblick mit Ausblick: Beratungsangebot zu Verbringungen nach Polen
Internationaler Abfallverkehr in Brandenburg und Berlin
2019 war – auch was die grenzüberschreitende Abfallverbringung anbelangt – ein intensives und sehr arbeitsreiches Jahr für die SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH. Seit der Übertragung der Zuständigkeiten für diesen Bereich auch für das Land Berlin im Sommer 2018 ist erwartungsgemäß die Anzahl der Anträge für notifizierungspflichtige Abfälle, die bei uns eingegangen sind, gestiegen. 2019 ist die Verbringung von insgesamt 1,1 Mio t Abfall beantragt worden (126 Notifizierungen). Im Jahr 2017 waren es für das Land Brandenburg lediglich 0,9 Mio t mittels 109 Notifizierungen.
Nach wie vor überwiegt für notifizierte Abfälle der Import von Abfällen aus dem Ausland nach Brandenburg und Berlin mit aktuell 815.000 t beantragtem Abfall. Lediglich 28 Notifizierungen wurden von Erzeugern aus unseren beiden Bundesländern für Verbringungen ins Ausland beantragt. Schwerpunktabfälle im internationalen Bereich sind Holzabfälle und Ersatzbrennstoffe. Die Auswertungen der tatsächlich verbrachten Mengen läuft jetzt Anfang des neuen Jahres erst an.
Verlässliches Zahlenmaterial, das die Verbringung von „grün“ gelisteten Abfällen mittels Anhang VII-Papier dokumentiert, gibt es nicht. Jedoch gehen wir davon aus, dass die Abfallmengen, die hier bewegt werden, deutlich über denen von notifizierten Abfällen liegen.
Seit dem Einfuhrverbot für Abfälle durch China und andere asiatische Staaten kam/kommt es vermehrt zu Exporten von Abfällen u. a. nach Polen und andere osteuropäische Staaten – sowohl von notifizierten, als auch „grün“ gelisteten Abfällen. So hat Polen im Jahr 2018 434.000 t notifizierter Abfälle aus dem Ausland angenommen, davon 250.000 t aus Deutschland. Es ist davon auszugehen, dass die Mengen von „grün“ gelisteten Abfällen in Richtung Polen stark angewachsen sind. Schwerpunktabfälle hierbei sind Kunststoffabfälle (auch in Mischungen) sowie Abfälle aus dem Baubereich. Viele Probleme in diesem Bereich resultieren aus der Falsch-Deklaration und damit zu Unrecht „grün“ gelisteten Abfällen. Die Grenzen zu illegalen Abfallverbringungen sind fließend und leider inzwischen als Thema fester Bestandteil unserer täglichen Arbeit.
Und wer die Medien diesbezüglich aufmerksam verfolgt hat, weiß, dass Polen mit derartigen Verbringungen vor große Herausforderungen gestellt wurde und wird. 2018 gab es in Polen 134 registrierte Abfallbrände, ausgelöst durch kriminelle Abfallentsorgung. Auch 2019 brannte es bis September bereits 80 Mal. Es ist nachgewiesen, dass zumindest ein Teil der brennenden Abfälle aus dem Ausland stammte, auch aus Deutschland. Dabei brannten vornehmlich Abfälle, die „grün“ gelistet verbracht wurden, für die aber eigentlich eine Notifizierung erforderlich gewesen wäre. Und diese Notifizierungsanträge wären ggf. sogar abgelehnt worden, weil im Rahmen der Prüfung durch die polnische Behörde klargeworden wäre, dass die beabsichtigte Entsorgungsanlage für die Behandlung der Abfälle keine Genehmigung hat, die Folgeentsorgung ggf. nicht geklärt gewesen ist oder die erforderlichen Mengenkapazitäten gar nicht zur Verfügung standen.
Denn, Polen ist kein „Entsorgungs-Wunderland“, wie manch einer sich selbst glauben macht, wenn er nach einem netten Anruf einen Vertrag mit einem polnischen Partner unterschrieben, ein Geschäft mit Handschlag besiegelt, einen unschlagbar günstigen Entsorgungsweg aufgemacht oder von seinem Partner eine hübsche Internetseite im World Wide Web gefunden hat. Was glauben wir, was für eine Entsorgungsstruktur Polen für deutsche Abfälle zur Verfügung stellt?
Im Übrigen hat Polen auf diese schwerwiegenden Vorfälle reagiert: die Abfallgesetzgebung in Polen wurde an diese Situation angepasst und das Personal in den Abfall- und Kontrollbehörden wurde deutlich aufgestockt. Dazu gehört auch, dass Polen an „grün“ gelistete Abfälle, die mittels Anhang VII-Papier verbracht werden sollen, sehr hohe qualitative Anforderungen stellt. Danach ist ein Abfall nur dann „grün“ gelistet, wenn er streng der verbalen Beschreibung des jeweiligen Basel-Codes entspricht. Das bedeutet für viele Abfälle einen Störstoffanteil von nahezu 0 %.
Kontrollauffällige Transporte werden auch in Polen bis zur notfizierungspflichtigen Rückholung kostenpflichtig sichergestellt. Einem Rückholersuchen kann sich eine zuständige Behörde im Versandstaat nicht widersetzen. Allein 2019 hatten wir in Brandenburg und Berlin etwa ein Dutzend Rückführungen von Abfall aus Polen.
Ausgehend von der Vielzahl von illegalen Abfallverbringungen in Richtung Polen und der Komplexizität der Sachverhalte gab es im Herbst 2019 in Potsdam einen von der EU-Kommission geförderten Taiex-Workshop zum Thema „Bekämpfung der grenzüberschreitenden Abfallkriminalität in der deutsch-polnischen Grenzregion“. Hier trafen sich auf Einladung der Länder Brandenburg und Berlin und der SBB mbH zwei Tage lang etwa 80 Behördenvertreter aus Polen und Deutschland um sich über die aktuelle Lage der illegalen Abfallverbringungen auszutauschen, gemeinsam zu überlegen, wie dem begegnet werden kann und eine intensive Zusammenarbeit zu verabreden. An dem Workshop nahmen Vertreter von Abfallbehörden (GIOS, Grenzwojewodschaften, MLUL, SenUVK, SBB, aus Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern), Zoll, Polizei, LKA, Staatsanwaltschaften, BAG und ITD von beiden Seiten teil. Den Abschlussbericht zu dem Workshop (vorerst in Englisch) finden Sie HIER. Verabredet wurde auch, Beratungen für die Abfälle erzeugende Wirtschaft nachdrücklich anzubieten und damit schon am Herkunftsort der Abfälle zu klären, ob eine Verbringung von Abfällen mittels Anhang VII-Papier möglich oder eine Notifizierung erforderlich ist.
In dem Fall, dass Sie sich künftig mit Abfall auf den Weg in Richtung Polen machen wollen, bieten wir Ihnen an, sich zuvor mit uns in Verbindung zu setzen um die Abfalldeklaration und die korrekte Zuordnung des Abfalls zu einem Basel-Code zu klären. Bei Bedarf würden wir dazu auch direkten Kontakt mit der zuständigen Behörde in Polen, dem GIOS, aufnehmen und die Verbringungsmodalitäten abstimmen. Ziel ist es, dass Sie letztlich zu einer Verbringung kommen, die legal ist und auch einer Kontrolle standhält.
Selbstverständlich stehen Ihnen unsere Mitarbeiter aber auch für Beratungen zu Abfallverbringungen aus bzw. nach Brandenburg/Berlin in/aus andere/n Staaten gern zur Verfügung. Rufen Sie uns dazu unter den Telefonnummern +49.331.2793-32 oder +49.331.2793-38 an. Oder senden Sie uns eine Mail an kontrolle(at)sbb-mbh(dot)de mit Ihrem Anliegen und möglichst Fotos von dem zu verbringenden Abfall.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2020. Erfolgreich auch im Sinne unserer Umwelt.